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Eine schwere Geburt

Jetzt ist es geschafft: im „zweiten Versuch“ ist unsere Tochter auf die Welt gekommen. Viele Leute hatten vorher schon gesagt: „…wartet mal auf das nächste Gewitter…“, und sie hatten recht: nach einem kurzen aber heftigen Gewitterwolkenbruch änderten sich die Wehen so, daß Susanne doch lieber ins Krankenhaus fahren wollte.
Dort wurde sie dann erstmal wieder an den Wehenschreiber gehängt. So ein CTG klingt wie ein galoppierendes Pferd, weil es auf einem Lautsprecher die Herztöne des Kinds wieder ausgibt (ich glaube, daß es sich streng genommen nicht um Töne handelt, sondern um hörbar gemachte Bewegungen, die mit Ultraschall gemessen werden).

am CTG

Nach einer Dreiviertelstunde kam dann eine Hebamme zur Untersuchung vorbei: „Die Fruchtblase wölbt sich schon ein Stück hervor“ … und platsch: Blasensprung — das heißt: so einfach ist das ganze Zeug, das rund um die Geburt herum so rausläuft, wohl nicht auseinanderzuhalten, denn um wirklich sicherzugehen wurde erstmal eine Probe genommen und mit einer Zauberreagenz untersucht, mit der man Fruchtwasser grün färben kann. Danach war klar, daß wir nicht noch einmal nach Hause fahren werden (jedenfalls nicht vor der Geburt).

Nachdem wir die Reisetasche aus dem Auto geholt hatten wurden wir in den „Entspannungsraum“ gebeten. Von Entspannung konnte allerdings nicht die Rede sein: die Wehen wurden jetzt stärker, und kurze Zeit später wünschte Susanne sich Schmerzmittel. Diese werden während der Geburt über einen Tropf verabreicht, und gleichzeitig wird das Wohlergehen des Kinds überwacht. Deshalb kamen wir jetzt in einen Kreißsaal, und der Wehenschreiber wurde wieder angeschlossen.

Wieder einige Stunden und etliche Wehen später — zwischendurch wurde immer mal wieder der Muttermund kontrolliert und dem Tropf noch was krampflösendes hinzugefügt — waren die Schmerzen dann wieder unerträglich (und ich fast taub, weil Susanne — wie im Geburtsvorbereitungskurs gelernt — sich die Schmerzen mit einem langen und lauten Aaaaaaa erträglich machte). Da hilft nur noch PDA (nein, nicht so einer, sondern so eine). Eine Anästhesistin kam und legte einen Katheter in die Wirbelsäule (ich bekomme sofort Rückenschmerzen, wenn ich nur daran denke). Darüber wurde dann Schmerzmittel eingeleitet, was das Wehenschmerzenproblem für den größten Teil der restlichen Zeit beseitigte. Mittlerweile war es tief in der Nacht, der Schmerzmitteltropf (jetzt ja unnötig) wurde durch wehenfördernde Mittel ersetzt. In der Morgendämmerung war der Muttermund eigentlich ganz geöffnet, das Kind ließ aber auf sich warten.

Nach dem Schichtwechsel der Hebammen wurde festgestellt: das paßt so wohl nicht durch’s Becken, da muß geholfen werden. Erstmal wurde PDA wieder ausgeschaltet, damit die Wehen wieder zu spüren sind. Dann kamen etwa 5 Leute, um an den verschiedenen Enden des Betts pressen (oder ziehen) zu helfen. Um dem Kopf den richtigen Weg durch das Becken zu zeigen griff man zur Saugglocke — die übrige Alternative wäre nur noch ein Kaiserschnitt gewesen — weniger um zu ziehen, sondern eher um rauf- und runterzuwackeln wie bei einer verklemmten Schublade. Die geballte Personalstärke degradierte mich nun zu einem Zuschauer, und ich versuchte, möglichst wenig im Weg zu stehen.

Der Rest ging dann ganz schnell. Um kurz nach 9 war Simone da — 3800g schwer und 52cm groß.

Mutter mit Tochter

Die Kreißsaalbelegschaft im Klinikum Bad Cannstatt soll an dieser Stelle nochmal ausdrücklich gelobt sein.
…und ich gehe heute früh schlafen.

Von dentaku

Site Reliability Engineer, Internet-Ureinwohner, Infrastrukturbetreiber, halb 23-Nerd halb 42-Nerd, links, gesichtsblind.

Schreibt mit "obwaltendem selbstironischem Blick auf alles Expertentum" (Süddeutsche Zeitung)

3 Antworten auf „Eine schwere Geburt“

Hach herrje, fast EXAKT die gleiche Story wie bei uns, inkl. falscher Alarm und Schichtwechsel, allerdings ohne PDA (angeblich zu spät) und statt Saugglocke mit Zange. Das Ergebnis war dann auch „nur“ 3660g schwer, aber genauso groß. Also Glückwunsch nachträglich!

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